Made in China

aus China

Die chinesische Zollbeamtin hält unseren 1049 Seiten dicken China-Reiseführer in der Hand und sagt trocken: „Illegal“…“You can’t take this to our China!“ Und so sind wir keine fünf Minuten im „Reich der Mitte“ und mir steht schon das erste Fragezeichen überm Kopf.

„What?“ Die Erklärung lässt nicht lange auf sich warten: Im unserem China-Wälzer, den wir teuer aus Indien mitgeschleppt haben, steht nichts über Taiwan. Taiwan gehört aber in China zu China, also ist das Fazit klar wie Reisbrühe: Dieses Buch ist eine politische Lüge und es darf nicht ins Land! Ich protestiere, während ein anderer Zollbeamter bereits unseren Laptop auseinander nimmt. Wir sind ohne diesem Buch hilflos, verloren, sind wir doch dem Mandarin nur mit zwei Worten mächtig. Es geht gefühlt eine halbe Stunde hin und her, ich kämpfe mit Händen und Füssen um das gute Stück, doch Frau Tsching-Tschang-Tschong (Name von der Redaktion geändert) gibt Taiwan nicht auf. Schließlich verspreche ich, das Buch, nach unserem China-Besuch, gewiss wegzuwerfen, die Autoren anzuschreiben und sie auf den „Fauxpas“ hinzuweisen. Ein Zollbeamter darf die Übersichtskarte, (auf der Taiwan leblos, grau und einsam im Pazifik schwimmt), herausreisen und vernichten. „CheChe“ (Danke), ich wende 50% meiner Chinesisch-Kenntnisse an und wir betreten das bevölkerungsreichste Land der Erde…

Die nächsten 30 Tage und 5000 km trampen wir durch ein China, das wir uns anders vorgestellt hatten. Denn zugegeben: Nicht ganz ohne Vorurteile sind wir eingereist… Freundlichkeit und Offenheit räumen falsche Vorstellungen von Gleichschaltung und Steifheit doch bald beiseite und „Made in China“- Assoziationen werden meist von einer kulturellen Vielfalt abgelöst. Nur eines stößt immer wieder bitter auf: Chinas repressive Politik im Bezug auf ethnische Minderheiten.

In der Provinz Xinjiang, dem westlichsten Teil Chinas, leben die Uiguren. Ihre Kultur erinnert uns sehr an die der Kirgisen und Kasachen. In Kashgar erleben wir ein zentralasiatisches Deja-vu. Und doch versucht Peking, das wohl bemerkt von hier weiter weg liegt als z.B. Damaskus oder Bagdad, der Provinz seine Etikette aufzudrücken. China siedelt viele Han-Chinese in die ferne Region, übersät so die Traditionen der Uiguren mit China-Kommerz. Als Reaktion gibt es immer wieder Proteste und sogar Anschläge in der autonomen Region. Wir spüren die Spannung…

Als wir China verlassen, merken wir, dass dieses Land mehr als nur ein Durchgangsland für uns war. In Erinnerung bleiben: überraschend leckeres Essen (vegetarisch!), Menschen, die so freundlich und höflich waren, das Sprach- und Kulturbarrieren oft mit einem einfachen Lächeln gelöst wurden und, dass es sich vorzüglich 5000 km trampen lässt. Ein Fazit zu finden, ist für uns trotzdem schwer. Kann man wirklich von ganzem Herzen sagen, dass wir von der positiven und freundlichen Art der Chinesen ganz bezaubert sind und gleichzeitig eine so autoritäre Politik beobachten?

Davor
Danach
2018-10-15T13:19:50+00:00

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